Patientenverfügung: Medizinische Maßnahmen für den Ernstfall
Viele Krankheiten sind heute dank moderner Medizin gut heilbar. Ob eine bestimmte Behandlung in Anspruch genommen werden soll oder nicht, bestimmt letztlich immer die davon betroffene Person. Es gibt aber Situationen, in denen ein Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann. Zum Beispiel dann, wenn er bewusstlos geworden ist. Insbesondere wenn um lebensverlängernde Maßnahmen geht, möchten viele Menschen deren Grenzen möglichst genau festlegen. Hierfür gibt es die Patientenverfügung. Sie können vorher bestimmen, was in solchen Fällen passieren soll.
Aber was ist eine Patientenverfügung genau? Welche Formvorschriften gelten? Und welche Zusammenhänge bestehen zu einer Vorsorgevollmacht und zur Betreuungsverfügung? Wir von ClaraVital haben alles Wissenswerte zu diesem Thema in diesem Ratgeber zusammengefasst.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen in Situationen, in denen Sie nicht mehr selbst entscheiden können, ergriffen oder unterlassen werden sollen. Dies schließt insbesondere lebenserhaltende Maßnahmen ein.
- Die Patientenverfügung ist für Ärzte, Pflegepersonal und betreuende Angehörige rechtsverbindlich. Sie kommt zur Anwendung, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, Ihren Willen zu äußern.
- Es ist entscheidend, die Patientenverfügung detailliert zu formulieren, um keine Unklarheiten über Ihren Willen zuzulassen. Konkrete Situationen und spezifische medizinische Maßnahmen sollten klar benannt werden.
- Eine Patientenverfügung kann durch eine Vorsorgevollmacht ergänzt werden, in der Sie eine Vertrauensperson bestimmen, die Ihre medizinischen Angelegenheiten nach Ihrem festgelegten Willen regelt, falls Sie selbst dazu nicht mehr fähig sind.
- Sie können Ihre Patientenverfügung ohne rechtliche Hilfe erstellen, sollten jedoch eine seriöse Vorlage verwenden und die Verfügung regelmäßig überprüfen und bei Bedarf aktualisieren, um sicherzustellen, dass sie weiterhin Ihren Wünschen entspricht und rechtlich gültig bleibt.
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Was ist eine Patientenverfügung?
Die Patientenverfügung ist ein Dokument, in welchem Sie Ihre medizinischen Behandlungswünsche vorab festlegen. Im Falle einer schweren Erkrankung sichern Sie sich ab, falls Sie z. B. nicht mehr ansprechbar und einwilligungsfähig sind. Besondere Bedeutung erhält die Patientenverfügung im Falle von lebenserhaltenden Maßnahmen. Lehnen Sie diese ab, müssen Sie eine konkrete Erklärung abgeben.
Zu lebenserhaltenden Maßnahmen gehören Reanimation, die Verabreichung bestimmter Medikamente, künstliche Beatmung, künstliche Ernährung sowie die künstliche Flüssigkeitszufuhr.
In Ihrer Patientenverfügung dokumentieren Sie gewünschten oder nicht gewünschten Behandlungsmaßnahmen sowie Ihre konkreten Vorstellungen in Bezug auf Ihr Lebensende.
Die Patientenverfügung richtet sich unmittelbar an Ihre behandelnden Ärzte sowie an das pflegerische Team. Zudem nimmt sie Ihren pflegenden Angehörigen, Ihrem gesetzlichen Betreuer oder Ihrem Bevollmächtigten im Rahmen der Vorsorgevollmacht die Entscheidungslast. Denn mit einer Verfügung findet Ihr Wille im Notfall Berücksichtigung. Der Inhalt ist dabei für alle Beteiligten rechtsverbindlich. Die Verfügung kommt nur dann zum Einsatz, wenn Sie selbst nicht mehr einwilligungsfähig sind. Über diesen Zeitpunkt entscheidet Ihr behandelndes Ärzteteam.
Inhalt einer Patientenverfügung
Generell dokumentieren Sie in einer Patientenverfügung Ihre persönlichen Vorstellungen und Wünsche vom Lebensende sowie die medizinischen Behandlungsmaßnahmen bei schwerer Erkrankung. Sie können festlegen, welche lebenserhaltenden Maßnahmen Sie befürworten und welche Sie ablehnen.
Die behandelnden Ärzte und Betreuer sind rechtlich verpflichtet, eine Patientenverfügung bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Formulieren Sie den Inhalt Ihrer Patientenverfügung daher so konkret und ausführlich wie möglich. Nehmen Sie zudem für die Rechtsverbindlichkeit folgende Punkte auf:
- Vorname und Nachname
- Geburtsdatum und Geburtsort
- Anschrift
- Datum
- Unterschrift
- Beispielsituation für die jeweilige Verfügung
- Konkrete und ausführliche Benennung der gewünschten medizinischen Behandlungsmaßnahmen (mit Beispielsituation)
Beachten Sie bitte:
Es kann eine Situation auftreten, in der Ihre behandelnden Ärzte sowie Ihre Familienangehörigen über Leben und Tod entscheiden müssen. Inhalt und Formulierung Ihrer Patientenverfügung sollten daher keine Fragen aufwerfen. Die Aussage „Ich wünsche keine lebensverlängernde Behandlungsmaßnahme“ ist im Zweifel nicht konkret genug. Beschreiben Sie daher ausführlich, wann und welche lebensverlängernden Maßnahmen Sie ablehnen.
Aussagekräftige Beispielsätze
Beispiele für aussagekräftige Formulierungen in Ihrer Patientenverfügung sind folgende Sätze (diese sollten immer auf aktuelle Rechtsverbindlichkeit geprüft werden):
- „Wenn ich mich im Endstadium einer offensichtlich unheilbaren oder tödlich verlaufenden Erkrankung befinde, der Todeszeitpunkt aber nicht unmittelbar bevorsteht, dann wünsche ich, dass alle lebenserhaltenden Behandlungsmaßnahmen unterlassen werden.“
- „Wenn ich mich in einem Zustand befinde, in welchem ich auch mit ausdauernder Hilfe nicht mehr in der Lage bin, Flüssigkeit und Nahrung auf natürlichem Wege zu mir zu nehmen, dann erwarte ich, dass eine künstliche Ernährung/künstliche Flüssigkeitszufuhr begonnen und weitergeführt wird, mit dem Ziel, mein Leben zu verlängern.“
- „Wenn ich von mehreren Krankheiten betroffen bin, die einzeln betrachtet zwar nicht lebensbedrohlich sind, aber in der Summe (Multimorbidität) eine Heilung unmöglich erscheinen lassen und wenn alle sonstigen medizinischen Behandlungen versagen, dann wünsche ich eine gezielte Sedierung zum Zweck der Leidenslinderung (Dämmerschlaf).“
- „Wenn ich nach ärztlicher Erkenntnis unabwendbar im Sterben liege, dann wünsche ich, dass keine künstliche Beatmung (weder über einen Schlauch in die Luftröhre noch über eine Nasen-Mund-Beatmungsmaske) durchgeführt bzw. eine eingeleitete künstliche Beatmung eingestellt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass ich Medikamente zur Luftnotlinderung erhalte.“
- „Wenn ich infolge von Gehirnschädigungen meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich verloren habe, wünsche ich die Unterlassung von Versuchen zur Wiederbelebung.“
Machen Sie in Ihrer Patientenverfügung auch konkrete Aussagen zur Gabe von lebensnotwendigen Medikamenten (z. B. Antibiotika, stabilisierende Medikamente), der Durchführung einer künstlichen Blutwäsche (Dialyse) und der Gabe von Blut und Blutbestandteilen. Zudem bietet Ihnen die Verfügung Platz für Angaben hinsichtlich Organspende, Unterbringung und Begleitung im Sterbeprozess.
Ebenso haben Sie die Möglichkeit, auf Ihre persönlichen Wertvorstellungen oder Einstellung zum Leben und Sterben im Rahmen Ihrer religiösen Anschauung einzugehen. Auch diese können im konkreten Fall wichtig sein, um eine Entscheidung zu treffen, die Ihrem mutmaßlichen Willen entspricht.
Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung
Neben der Patientenverfügung ist eine Vollmachtserteilung in Gesundheitsangelegenheiten ebenfalls wichtig.
- Damit bestimmen Sie eine bevollmächtigte Person, die Sie im Falle Ihrer Einwilligungsunfähigkeit in allen medizinischen Entscheidungsangelegenheiten vertritt.
- Mithilfe der Patientenverfügung trifft Ihr Bevollmächtigter dann Entscheidungen auf Grundlage Ihrer Wünsche und Vorstellungen
Teilen Sie Ihrem Bevollmächtigten daher stets den Aufbewahrungsort Ihrer Verfügung sowie inhaltliche Änderungen mit. Ist Ihre Patientenverfügung inhaltlich nicht eindeutig, ist Ihr Bevollmächtigter dennoch in der Lage, sich für Behandlungsmöglichkeiten in Ihrem Sinne einzusetzen. Ist Ihnen die Bestimmung einer bevollmächtigten Person aus Ihrem Umfeld nicht möglich, suchen Sie sich alternativ per Betreuungsverfügung einen gesetzlichen Betreuer aus. Diesen bestellt das Gericht im Notfall.
In Deutschland sind Sie nicht dazu verpflichtet, eine Patientenverfügung zu erstellen
- Wenn Sie auf eine Patientenverfügung verzichten, führen Sie alternativ ein Gespräch mit nahen Angehörigen oder Freunden.
- Beschreiben Sie in diesem Gespräch Ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen.
- Achten Sie auch hier auf konkrete Angaben zu den verschiedenen Maßnahmen.
So treffen Ihre Angehörigen im Notfall Entscheidungen, die auch wirklich Ihrem Willen entsprechen. Führen Sie ein entsprechendes Gespräch auch gerne mit Ihrem Pflegeteam oder Ihrem Hausarzt. Denn liegen im Notfall weder eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht noch eine Betreuungsverfügung vor, bestimmt das Gericht zunächst einen gesetzlichen Betreuer. Dieser tritt dann mit Ihren Angehörigen, Freunden, Pflegepersonal oder Ihrem Hausarzt in Kontakt und fragt nach Ihren Wünschen hinsichtlich lebensverlängernden Maßnahmen oder Behandlungen.
Übrigens: Seit dem 01.01.2023 ist das Notvertretungsrecht für Ehegatten möglich. Dieses gilt für maximal sechs Monate.
So erstellen Sie eine Patientenverfügung
Ihre Patientenverfügung können Sie ohne Anwalt oder Notar erstellen. Wir von ClaraVital empfehlen die Verwendung eines Musters oder einer Vorlage einer seriösen Quelle, wie z. B. vom Bundesministerium für Justiz. Auf der Internetseite können Sie Patientenverfügung zum Ausdrucken als PDF- oder Textdatei herunterladen.
Mehr Informationen zur Abfassung einer Patientenverfügung erhalten Sie bei Sozialverbänden (beispielsweise VDK oder Sozialverband Deutschland). Die Caritas und einige Rechtsschutzversicherungen bieten auch Online-Beratungen an. Bei der Deutschen Stiftung für Patientenschutz erhalten Sie eine kostenfreie telefonische Beratung.
Je detaillierter Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen in der Patientenverfügung äußern, desto mehr können Sie sich darauf verlassen, dass Ihr Wille auch verwirklicht wird. Handschriftliche Änderungen und persönliche Ergänzungen belegen zusätzlich, dass Sie sich mit den Tatsachen intensiv auseinandergesetzt haben und der Inhalt auch wirklich Ihrem Willen entspricht. Es empfiehlt sich außerdem, das Fortbestehen Ihres Willens in regelmäßigen Abständen mit einer neuen Unterschrift zu bestätigen. Überprüfen Sie die Verfügung zudem regelmäßig auf die aktuelle Rechtsverbindlichkeit und nehmen Sie Aktualisierungen bei Gesetzesänderungen vor.
Grundsätzlich ist eine Patientenverfügung lebenslang von Gültigkeit. Informieren Sie eine vertrauenswürdige Person, Ihren Bevollmächtigten oder Ihren Betreuer über den Aufbewahrungsort. So liegt sie im Notfall den behandelnden Ärzten schnell vor. Ein Widerruf Ihrer Verfügung ist formlos und jederzeit möglich.
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Vorteile einer notariellen Patientenverfügung
Eine schriftliche Patientenverfügung ist grundsätzlich ohne weitere formale Anforderungen gültig. Sie kann auch jederzeit formfrei widerrufen werden. Trotzdem kann sich eine rechtliche Beratung empfehlen.
- Wer ganz sicher gehen will, lässt sich seine Patientenverfügung notariell beglaubigen.
- Dies erhöht die Akzeptanz und sichert die Rechtsverbindlichkeit zusätzlich ab.
- Sie verhindern dadurch zum Beispiel, dass bei Ärzten Zweifel über Ihre Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Abfassung der Erklärung aufkommen.
Sie können alternativ Ihre Patientenverfügung auch durch Ihren Hausarzt oder eine Patientenberatungsstelle bestätigen lassen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung legen Sie frühzeitig fest, welche medizinischen Behandlungsmöglichkeiten und lebensverlängernden Maßnahmen Sie im Fall Ihrer Einwilligungsunfähigkeit befürworten oder ablehnen. Die Verfügung bietet aber auch Platz für Ihre Vorstellungen hinsichtlich Betreuung und Begleitung beim Sterbeprozess, bei der Beerdigung und anderen persönlichen Wünschen auf Basis Ihrer religiösen Ansichten oder individuellen Wertvorstellungen.
Wenn Sie selbst einwilligungsunfähig sind, jedoch keine Patientenverfügung haben oder der Inhalt dieser nicht ganz eindeutig ist, haben Sie Anspruch auf einen gesetzlichen Betreuer. Dieser vertritt Sie dann bei allen medizinischen Entscheidungen. Alternativ können Sie vorab einen Bevollmächtigten im Rahmen einer Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten bestimmen. Er trifft dann nach Ihrem Willen entsprechende Entscheidungen.