Pflegefinanzierung und Pflegeunterstützung: Umgang mit Ablehnungen und niedrigen Einstufungen

Der Moment, in dem man selbst oder ein Angehöriger sich zu Hause nicht mehr vollkommen selbständig versorgen kann, kommt häufig überraschend. Hilfe in Form eines Pflegedienstes, familiärer Pflege oder professioneller Pflege in einem Pflegeheim in Anspruch zu nehmen, bedeutet eine große Veränderung. Dazu kommt eine große emotionale Komponente – verbunden mit Angst vor dem Neuen und Trauer über den Verlust der Selbständigkeit. Manchmal muss die gewohnte Umgebung aufgegeben werden. Oft reichen die vorhandenen finanziellen Mittel nicht aus, um dauerhaft die Pflege zu Hause oder den Platz im Pflegeheim zu finanzieren. An diesem Punkt stellen sich Fragen über die Pflegefinanzierung und Pflegeunterstützung.
In diesem Artikel stellen wir Ihnen die Leistungen der Pflegekasse und die Möglichkeiten finanzieller Unterstützung im Pflegefall vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Häufige Ablehnung oder niedrige Einstufung: Etwa ein Viertel aller Pflegegradanträge wird von den Pflegekassen zu niedrig eingestuft oder gänzlich abgelehnt. Dies beeinträchtigt Ihren Anspruch auf notwendige Leistungen.
- Widerspruchsrecht nutzen: Als gesetzlich Versicherter haben Sie das Recht, innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Bescheides Widerspruch einzulegen. Dies bietet die Chance, eine angemessene Einstufung zu erreichen.
- Bedeutung des Gutachtens: Die Begründung Ihres Widerspruchs sollte sich auf das Gutachten der Pflegekasse stützen, da dieses die Grundlage der Entscheidung ist.
- Erfolgsaussichten bei Widersprüchen: Viele Widersprüche führen zu einer höheren Einstufung, da die ursprüngliche Beurteilung durch die Pflegekasse oft nachjustiert wird.
- Letzte Instanz – Sozialgericht: Sollte der Widerspruch keinen Erfolg haben, besteht die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen nach dem Widerspruchserlass eine Klage beim Sozialgericht einzureichen, um Ihren Anspruch durchzusetzen.

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Leistungen der häuslichen Pflege und ihre Kosten
Zu den Leistungen, die im Rahmen der Pflege zu Hause möglich sind, gehören:
- (pflegerische) Grundversorgung
- hauswirtschaftliche Versorgung
- Seniorenbetreuung
- Verhinderungspflege (ermöglicht pflegenden Angehörigen auch eine Erholung)
- Die Leistungen der Pflegekasse decken jedoch die Kosten einer Tagespflege oder Nachtpflege nicht komplett ab.
- Die teilstationäre Pflege umfasst aber den Transport des pflegebedürftigen Menschen zu einer Pflegeeinrichtung und zurück.
Bei der ambulanten Pflege hängen die Kosten stark vom Grad der noch vorhandenen Selbständigkeit ab. Sie variieren somit enorm.
Kosten in der stationären Pflege: Eigenanteil und finanzielle Belastung
Die durchschnittlichen Kosten eines stationären Vollpflegeplatzes in einem Pflegeheim liegen bei 3500 bis 4500 Euro im Monat. Je nach Pflegegrad verbleibt nach Abzug des gezahlten Pflegegeldes ein Eigenanteil von durchschnittlich 2500 Euro, den der Pflegebedürftige selbst tragen muss. Diese erhebliche Summe können die Wenigsten langfristig durch ihre eigene Rente oder vorhandenes Vermögen finanzieren.
Die Kosten eines Pflegeplatzes in der stationären Pflege in einem Pflegeheim bestehen aus mehreren Posten.
Dazu gehören:
- die eigentlichen Pflegekosten
- Ausbildungskosten
- Investitionskosten (des Betreibers für die Instandhaltung des Gebäudes z. B.)
- Kosten für die Unterkunft und Verpflegung
Die Kosten für die letzten beiden Punkte muss der Pflegebedürftige grundsätzlich selbst bezahlen. Prinzipiell ist erst einmal die Pflegeversicherung, in die alle Krankenversicherten einzahlen, für die Pflegefinanzierung zuständig. Allerdings sind die Pflegekosten mittlerweile höher als die Leistungen der Pflegeversicherung, sodass häufig und insbesondere im stationären Bereich eine Zuzahlung nötig ist. Das ist der sogenannte Eigenanteil. Dieser überschreitet häufig die monatliche Miete des Pflegebedürftigen.
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Pflegegrade und die finanzielle Unterstützung der Pflegekasse
Ein Pflegegrad legt über bestimmte Kriterien die Schwere einer vorhandenen Pflegebedürftigkeit fest. Die Einteilung erfolgt in Graden von 1 bis 5, wobei 1 die geringste Stufe ist. Je höher der Pflegegrad, desto hilfsbedürftiger und pflegebedürftiger ist der Mensch mit Pflegebedarf. Umso mehr Geld steuert die Pflegekasse zur Pflege bei. In die Pflegekasse zahlt jeder Krankenversicherte ein.
Das Geld der Pflegekasse nennt sich Pflegegeld. Die Höhe des gezahlten Pflegegeldes ist abhängig davon, ob der zu Pflegende zu Hause oder stationär gepflegt wird. Bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim sind die übernommenen Kosten am höchsten.
Sie liegen aktuell bei:
- Pflegegrad 1: 125 Euro
- Pflegegrad 2: 770 Euro
- Pflegegrad 3: 1.262 Euro
- Pflegegrad 4: 1.775 Euro
- Pflegegrad 5: 2.005 Euro
Wenn der Pflegebedürftige weiter zu Hause leben kann und ein Angehöriger diesen versorgt, zahlt die Pflegekasse das Pflegegeld für die Pflegeperson. Dies sind zum Beispiel die Ehefrau oder der Ehemann, Freunde oder Familienangehörige. Die Höhe des gezahlten Geldes ist auch hier vom Pflegegrad abhängig. Dieser muss mindestens Pflegegrad 2 betragen. Bei Pflegegrad 1 gibt es eine solche Zahlung nicht.
Die gezahlte monatliche Leistung liegt aktuell bei:
- Pflegegrad 2: 332 Euro
- Pflegegrad 3: 573 Euro
- Pflegegrad 4: 765 Euro
- Pflegegrad 5: 947 Euro
Bei einem Pflegegrad von 1 besteht kein Anspruch auf diese Leistung, es wird allerdings ein sogenannter Entlastungsbeitrag von 125 Euro im Monat gezahlt.
Beauftragung eines ambulanten Pflegedienstes
Wenn ein ambulanter Pflegedienst die tägliche Versorgung (mit)übernehmen soll, gibt es auch dafür Zahlungen der Pflegekasse. Diese nennen sich Pflegesachleistungen, deren Abrechnung direkt beim Pflegedienst stattfindet.
Auch in diesem Fall ist die Höhe der gezahlten Leistungen vom Pflegegrad abhängig und liegt monatlich aktuell bei:
- Pflegegrad 2: 761 Euro
- Pflegegrad 3: 1432 Euro
- Pflegegrad 4: 1778 Euro
- Pflegegrad 5: 2200 Euro
Ergibt sich eine Differenz bzw. werden die Summen der Pflegesachleistungen nicht komplett genutzt, erhalten Pflegebedürftige trotzdem das anteilige Pflegegeld. Die Pflege zu Hause ist mit Kostenübernahme häufig gut finanzierbar und ermöglicht Menschen mit Pflegebedarf, weiter im gewohnten Umfeld zu leben.
Finanzielle Aspekte der Pflegekosten: Eigenbeteiligung, Schonvermögen und Unterhaltspflichten
Bei der Inanspruchnahme einer Pflege ist es relevant, ob der zu Pflegende die Kosten nach Abzug des Geldes aus der Pflegeversicherung durch seine eigene Rente selbst tragen kann. Wenn diese z. B. bei 1500 Euro im Monat liegen, muss für die Differenz das eigene Vermögen genutzt werden. Sind 30.000 Euro in eigenen finanziellen Vorsorgen vorhanden und die Kosten des Heimplatzes liegen bei 3000 Euro im Monat, könnte dieses Geld die Differenz für 10 Monaten im Pflegeheim bezahlen. Ein Schonvermögen von 20.000 Euro bleibt dem Ehepartner erhalten.
Ebenso spielt der Verdienst bzw. die Rente des Ehepartners eine Rolle, um im Rahmen des Ehegattenunterhalts die Finanzierung der Pflege sicherzustellen. Hier kann es sein, dass der weiter zu Hause lebende Ehepartner nicht mehr die Mittel für seinen eigenen Lebensunterhalt hat. In einem BGH-Beschluss von 2016 wird ein Selbstbehalt von 1000 Euro im Monat zugestanden. Wenn hiervon z. B. noch Haus, Auto, Versicherungen, Kredite zu bezahlen sind, kann dies schon zu sehr hohen Einschränkungen führen.
Manchmal wird es notwendig, Immobilien zu veräußern, um die Pflegekosten zu tragen. Selbst bewohntes Wohneigentum ist davor geschützt, soweit die Wohnfläche angemessen ist. Die Angemessenheit beurteilt sich nach dem Einzelfall und hängt beispielsweise von der Zahl der Bewohner und dem individuellen Wohnbedarf ab. Die Möglichkeiten der Verwertung sind vielfältig. So kann zum Beispiel ein Pfand- oder Grundpfandrecht bestellt werden.
Pflegewohngeld und Wohngeld für Heimbewohner
In den Bundesländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen sowie Mecklenburg-Vorpommern gibt es die Besonderheit, dass bei zu niedrigem Einkommen/Vermögen ein Anteil der Investitionskosten für Pflegeheime als sog. Pflegewohngeld gezahlt wird. Den Antrag auf Pflegewohngeld müssen Pflegebedürftige jedes Jahr neu stellen.
Zusätzlich können Heimbewohner, bei denen nicht das Sozialamt den Heimplatz zahlt, normales Wohngeld beantragen. Dadurch erreichen Sie eine Entlastung der Beiträge. Diesen Antrag müssen Sie in Ihrer lokalen Wohngeldbehörde stellen.

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Pflegebedürftigkeit ist nicht das Ende des Lebens. Sie ist ein Schritt in eine neue Lebenswirklichkeit, die sich durch qualitativ hochwertige Produkte und Hilfsmittel weiterhin sehr lebensbejahend und erfüllend gestalten lässt.
- BGH Beschluss vom 27.04.2016, Az. XII ZB 485/14
- Fachanweisung zu § 90 SGB XII – Einsatz des Vermögens (Hamburg)
- VdK: Wohngeld auch für Heimbewohner
- Verbraucherzentrale: Wohngeld gibt es auch für Pflegebedürftige
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Angehörigen-Entlastungsgesetz
- Wegweiser Demenz: Sozialhilfe nach SGB XII
- Verbraucherzentrale: Sozialhilfe - Wann sich das Sozialamt an Pflegekosten beteiligt
- Bundesgesundheitsministerium: Finanzierung der Pflegeversicherung
- Bundesgesundheitsministerium: Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen