Pflegegutachten & Pflegebegutachtung: Vorbereitung zur Einstufung der Pflegebedürftigkeit
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Pflegegutachten bestimmt, inwiefern eine Person pflegebedürftig ist und welchen Pflegegrad sie erhält.
- Pflegegutachter, meist vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen, besuchen die pflegebedürftige Person zu Hause oder führen ein Telefoninterview durch.
- Die Begutachtung bewertet die Selbstständigkeit in sechs Lebensbereichen, von Mobilität bis zur Gestaltung des Alltags.
- Vorbereitung auf die Begutachtung: Sammeln Sie medizinische Dokumente und dokumentieren Sie Ihren Alltag detailliert.
- Nach dem Gutachten entscheidet die Pflegeversicherung über den Pflegegrad und teilt das Ergebnis in einer Pflegegrad-Bescheinigung mit.
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Tritt in der Familie oder im persönlichen Umfeld ein Pflegefall auf, ist dies meist ein einschneidendes Erlebnis. Pflegende müssen dann viel Zeit für die Versorgung des Zu- oder Angehörigen investieren. Um dabei entstehende Kosten zu decken, stehen der pflegebedürftigen Person Leistungen im Rahmen der gesetzlichen oder einer privaten Pflegeversicherung zu. Unabhängig vom Einkommen prüft die Pflegeversicherung den Leistungsanspruch und gibt ein sogenanntes Pflegegutachten in Auftrag. Dieses spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Vergabe eines Pflegegrads.
Wir von ClaraVital möchten Ihnen deshalb in den nächsten Abschnitten Ablauf und Durchführung einer Pflegebegutachtung näherbringen. Zudem erläutern wir Ihnen, wie Sie sich umfassend auf den Besuch eines Gutachters vorbereiten.
Gutachten für Antrag auf Pflegegrad
Mit Beginn des Jahres 2017 wurden nicht bloß die drei Pflegestufen um zwei weitere erhöht, sondern auch das Begutachtungsverfahren der Pflegeversicherung angepasst. Stand noch im Jahr 2016 der tägliche Zeitaufwand pflegerischer Maßnahmen im Fokus der Pflegebegutachtung, erfolgt nun eine Einschätzung der Selbstständigkeit im Alltag. Hierfür lässt die Pflegeversicherung ein Pflegegutachten erstellen, das sämtliche Einschränkungen und Fähigkeiten sowie den allgemeinen Gesundheitszustand des Antragstellers widerspiegelt.
Die Beauftragung eines Pflegegutachters
Für die Erstellung eines Pflegegutachtens erfolgt eine Begutachtung des Alltags. Hierfür beauftragt die Pflegeversicherung einen Pflegegutachter. Dieser verschafft sich vor Ort einen Eindruck über die Pflegebedürftigkeit. Er stellt Fragen, aber gibt auch Empfehlungen ab. Anschließend erstellt er das Gutachten und leitet den gesetzlichen Leistungsanspruch der Pflegekasse zur Prüfung weiter. Bei der Entscheidung über einen Pflegegrad ist das Pflegegutachten also ein ausschlaggebender Faktor.
Eine Pflegebegutachtung erfolgt immer dann, wenn Sie als pflegeversicherte Person erstmals Leistungen beantragen oder einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegrads stellen. Pflegegutachter sind meist Pflegefachkräfte oder Ärzte und gehören zum Medizinischen Dienst (MD) im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Um entsprechende Gutachten für Pflegegrade erstellen zu dürfen, muss die Fachperson eine umfassende Weiterbildung für Pflegesachverständige absolvieren. Privat pflegeversicherte Personen erhalten ihr Pflegegutachten zum Beispiel über die Medicproof GmbH. Deren Gutachter verfügen ebenfalls über langjährige Berufserfahrung sowie die erforderliche Zusatzausbildung.
Ablauf einer Pflegebegutachtung
Am Tag der Begutachtung kommt der Pflegegutachter für ein persönliches Gespräch zu Ihnen nach Hause. Sie leben derzeit in einer stationären Einrichtung? Auch dort ist die Begutachtung für den Pflegegrad möglich. Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Hausbesuch verzichtbar und es findet lediglich ein strukturiertes Telefoninterview statt. Ist diese Alternative von Ihnen nicht gewünscht, steht Ihnen jederzeit das Recht auf eine häusliche Begutachtung zu.
Schildern Sie dem Pflegegutachter, mit welchen Behinderungen beziehungsweise pflegerischen Herausforderungen Sie im Alltag zurechtkommen müssen. Beschreiben Sie dabei so genau wie möglich, was Ihnen Schwierigkeiten bereitet und wo Sie Hilfe von Zu- und Angehörigen oder Pflegepersonal benötigen. Hierfür haben Sie in der Regel eine Stunde Zeit.
Mit Abschluss der Begutachtung steht noch kein Ergebnis über die Erteilung eines Pflegegrads fest. Zunächst fasst der Gutachter alle gesammelten Eindrücke zusammen und sendet seine fachliche Einschätzung an die zuständige Pflegeversicherung. Diese setzt den Pflegegrad anhand des Gutachtens, ärztlicher Befunde und weiterer Unterlagen fest. Im Anschluss erhalten Sie direkt Ihre Pflegegrad-Bescheinigung, welche auch das Pflegegutachten enthält. Ist dies nicht der Fall, können Sie das Gutachten jederzeit zur Einsicht anfordern.
Fragen und Beispiele eines Pflegegutachtens - 5 Kriterien
Als pflegebedürftig gilt ein Mensch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen, die einer selbstständigen Bewältigung des Alltags im Wege stehen. Er benötigt dabei pflegerische Unterstützung und ist voraussichtlich länger als sechs Monate in verschiedenen Lebenslagen eingeschränkt. Tritt bei Ihnen oder Ihrem Angehörigen eine Pflegebedürftigkeit auf, findet die Beurteilung des konkreten Unterstützungsbedarfs auf der Grundlage sechs verschiedener Kriterien statt.
Folgende Fragen und Beispiele sind im Gutachten möglich:
Mobilität
- Wie selbstständig können Sie sich fortbewegen oder Ihre Körperhaltung ändern?
- Können Sie Ihre Sitzposition stabil halten oder Treppen steigen?
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Wie gut finden Sie sich zeitlich und örtlich zurecht?
- Können Sie eigenständig Entscheidungen treffen?
- Können Sie anderen Personen Ihre Bedürfnisse mitteilen und Gespräche führen?
- Wie häufig benötigen Sie Hilfe von anderen Menschen aufgrund psychischer Probleme?
- Wird Ihr Alltag von ängstlichem oder aggressivem Verhalten geprägt?
Selbstversorgung und Verrichtung des Alltags
- Wie selbstständig führen Sie Ihren Alltag?
- Wie sieht Ihre Selbstständigkeit in den Bereichen Essen, Trinken und Körperpflege konkret aus?
Selbstständiger Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen
- Benötigen Sie Unterstützung beim Umgang mit Krankheiten oder bei entsprechenden Behandlungen?
- Sind Sie auf die Einnahme von Medikamenten, den Wechsel von Verbänden, künstliche Ernährung, die Durchführung einer Dialyse oder auch künstliche Beatmung angewiesen?
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
- Wie selbstständig können Sie Ihren Tagesablauf bewusst gestalten?
- Können Sie Ihren persönlichen Interessen nachgehen oder Ihre Kontakte pflegen?
Nach dem Termin fasst der Gutachter alle Punkte der einzelnen Kriterien zusammen und führt eine Gesamtbewertung durch. Mitunter gibt er auch Empfehlungen zu rehabilitativen und vorbeugenden Maßnahmen oder stellt fest, welche Hilfsmittel Ihnen die selbstständige Gestaltung Ihres Alltags ermöglichen.
Wenn Sie Fragen zu entsprechenden Alltagshilfen und medizinischen oder sanitären Hilfsmitteln haben, rufen Sie uns gerne an oder schreiben Sie uns. Für Fragen stehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter telefonisch von Montag bis Freitag zwischen 08:00 und 18:00 Uhr unter 040 2286 123-0 (zum Ortstarif) zur Verfügung. Selbstverständlich beantworten wir Ihre Fragen auch per Mail unter info@claravital.de.
Pflegegutachten – Die Punkteverteilung
Ihr zuständiger Pflegegutachter vergibt in seinem Gutachten 0 bis 100 Punkte. Entsprechend der Verteilung erfolgt dann die Vergabe eines Pflegegrads durch Ihre Pflegeversicherung:
- Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte
- Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
- Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
- Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
- Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte
Die Gesamtpunktzahl setzt sich aus den oben genannten 6 Kriterien zusammen. Die verschiedenen Bereiche wirken sich unterschiedlich auf das Ergebnis des Gutachtens aus. So erhalten Sie z. B. im Bereich Mobilität maximal 10 von 100 Punkten. Im Gegensatz dazu können Sie im Bereich Selbstversorgung bis zu 40 von 100 Punkten erreichen. Je mehr Punkte Sie erhalten, desto niedriger schätzt der Gutachter Ihre Selbstständigkeit im Alltag ein. Dementsprechend erhalten Sie eine höhere Pflegestufe.
So bereiten Sie sich auf den Besuch des Pflegegutachters vor
Das Pflegegutachten entsteht auf Grundlage einer Momentaufnahme Ihres Alltags. Dementsprechend ist es möglich, dass der Gutachter Ihre persönliche Situation falsch einschätzt. Folgen sind die Erteilung eines zu niedrigen Pflegegrads oder gar die Ablehnung Ihres Antrags. Deshalb sollten Sie sich umfassend auf den Termin vorbereiten. Sammeln Sie vorab alle erforderlichen ärztlichen Dokumente, die Ihre Pflegebedürftigkeit bescheinigen. Hierzu gehören alle Diagnosen, Arztbriefe, Krankenhausberichte sowie Ihre Medikamentenpläne. Falls Sie ein ambulanter Pflegedienst betreut, können Sie auch die entsprechenden Pflegedokumentationen vorlegen. Hilfreich ist zudem auch das Führen eines Pflegetagebuchs.
Sobald Sie den Antrag gestellt haben, dokumentieren Sie detailliert Ihren Tagesablauf. Welche Aufgaben des täglichen Lebens bereiten Ihnen besondere Schwierigkeiten und wobei wünschen Sie sich zunehmend Unterstützung? Hat sich der medizinische Dienst bereits für einen Termin angekündigt? Dann bitten Sie eine Person, die Sie pflegt oder die Ihre Situation besonders gut kennt, beim Besuch des Gutachters dabei zu sein. Führen Sie am Tag des Termins Ihre Pflege wie üblich durch und vermitteln dem Gutachter einen realistischen Eindruck Ihrer Selbstständigkeit.
Sie und Ihre Zu- oder Angehörigen haben innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung Anspruch auf Pflegeberatung. Hierfür benennt Ihnen die Pflegeversicherung zuständige Pflegeberater in Ihrer Nähe. Oder Sie erhalten einen Beratungsgutschein für eine neutrale und unabhängige Beratungsstelle. Wir empfehlen Ihnen zudem, unabhängig von einer Pflegeberatung, Hilfe von Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Lassen Sie sich vor allem nach einer Ablehnung Ihres Antrags beraten. Denn so erhalten Sie fachkundige Hilfe beim Widerspruch.
Fazit
Pflegeversicherungen geben ein Pflegegutachten durch einen unabhängigen Pflegegutachter in Auftrag. Dieser schätzt bei einem Hausbesuch oder Telefoninterview die Selbstständigkeit einer pflegebedürftigen Person ein und fasst diese mittels Punktevergabe zusammen. Anhand dieser Beurteilung erteilt die Pflegeversicherung einen Pflegegrad oder lehnt den Antrag ab. Das Gutachten umfasst dabei 6 verschiedene Lebensbereiche, die unterschiedliche Gewichtung haben.
Auch bei einem Antrag auf Erhöhung des Pflegegrads findet eine Einschätzung mittels Gutachter statt. Der Gutachter selbst ist entweder vom Medizinischen Dienst (MD) im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung oder einem ähnlichen Anbieter (z. B. Medicproof) bei privat Pflegeversicherten. Während der Pflegebegutachtung spricht die zuständige Fachperson auch Empfehlungen für Hilfsmittel im Alltag oder rehabilitative Maßnahmen aus.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Pflegegutachten und Pflegebegutachtung
Ein Pflegegutachten stellt grundsätzlich fest, ob eine pflegebedürftige Person auf Hilfe bei der Alltagsführung angewiesen ist. Dabei legt es fest, wie hoch der zeitliche Aufwand für pflegerische Maßnahmen und hauswirtschaftliche Versorgung ist. Es dokumentiert auch Empfehlungen zu medizinischen und sanitären Hilfsmitteln. Ein Pflegegutachter des Mmedizinischen Dienstes oder eines anderen unabhängigen Unternehmens fertigt das Gutachten im Auftrag der zuständigen Pflegeversicherung an.
Sammeln Sie vorab alle ärztlichen Dokumente, die Ihnen eine Pflegebedürftigkeit bescheinigen. Dazu gehören neben Diagnosen auch Arztbriefe und Medikamentenpläne. Ist für Sie bereits ein ambulanter Pflegedienst zuständig, lassen Sie sich von diesem die Pflegedokumentationen aushändigen.
Bei der Beauftragung eines Pflegegutachtens erhält die pflegeversicherte Person zeitnah einen Termin für die Begutachtung in ihrem häuslichen Umfeld. Dieser dauert circa eine Stunde und orientiert sich an den 6 Kriterien der Alltagsführung. Der Gutachter stellt dabei Fragen und nimmt eine Einschätzung der Selbstständigkeit vor. Anschließend vergibt er Punkte in den einzelnen Kriterien und sendet seine Einschätzung an die zuständige Pflegeversicherung.
Selbstverständlich können Sie für Ihre Pflegebegutachtung einen Zu- oder Angehörigen, einen gesetzlichen Betreuer oder pflegendes Personal um Unterstützung bitten. Nehmen Sie auch unbedingt Ihren Anspruch auf Pflegeberatung innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung wahr.
Im Anschluss der Pflegebegutachtung fasst der Gutachter alle Punkte der 6 Bewertungskriterien zusammen und leitet seine persönliche Einschätzung an die Pflegeversicherung weiter. Diese prüft anhand des Gutachtens und weiterer Dokumente Ihren Leistungsanspruch, vergibt einen möglichen Pflegegrad oder lehnt Ihren Antrag ab. Das entsprechende Ergebnis erhalten Sie zeitnah, ebenso wie das Gutachten selbst.
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